Mit großem Erfolg endete das 18. Internationale Bodensee-Symposium von ICOM Deutschland, Österreich und Schweiz auf dem SeeCampus der Zeppelin Universität in Friedrichshafen: Unter der Überschrift „Wie politisch ist Museumsarbeit?“ trafen sich über 300 Teilnehmer*innen aus der europäischen Museumsfachwelt, um sich intensiv mit der politischen Dimension der Museumsarbeit auseinanderzusetzen.
In einer Zeit, die von polarisierten Meinungen und einer Vielzahl von Krisen geprägt ist, stellt sich die Frage nach der Relevanz von Museen. Wie sie im Spannungsfeld zwischen Neutralität und politischer Verantwortung verlässlich, ethisch und empathisch handeln können, erörterte die Fachwelt an drei Tagen am Bodensee. Das traditionelle Verständnis von Museen als neutralen Einrichtungen, die sich ausschließlich einem kulturellen Auftrag widmen und dabei unberührt von den gesellschaftlichen Realitäten agieren, wird immer weniger akzeptiert. „Vor dem Hintergrund der neuen ICOM Museumsdefinition sind Museen gefordert, Orte der Vielfalt, der Nachhaltigkeit, der Inklusion und Partizipation zu sein oder zu werden. Museen haben das Potenzial, eine wichtige Rolle bei der Gestaltung einer gerechteren und inklusiveren Gesellschaft zu spielen. Um dieses Potenzial auszuschöpfen, müssen sie sich aktiv für gesellschaftlichen Wandel einsetzen und ihre Ressourcen verantwortungsvoll nutzen“, sagt Dr. Felicia Sternfeld, Präsidentin von ICOM Deutschland. Dr. Johanna Schwanberg, Präsidentin von ICOM Österreich ergänzt: „Dies erfordert eine offene Haltung seitens der Museen und die Bereitschaft, sich mit unterschiedlichen Perspektiven auseinanderzusetzen. Museen können als politische Arenen dienen, in denen kontroverse Themen diskutiert und alternative Perspektiven präsentiert werden können. Vor allem kann in Museen Ambiguitätstoleranz geschult werden.“ Arne Braun, Kulturstaatssekretär Baden-Württembergs, unterstrich in seiner Rede die Rolle von Museen als Ort und Motor der Demokratie.
Kulturpolitischer Schwerpunkt
Mit renommierten Expert*innen aus der Museumsarbeit, Wissenschaft und Kulturpolitik wurden diese Themen der Stunde auf dem Bodensee-Symposium in den Panels, Workshops und Minisymposien intensiv diskutiert und wichtige Impulse für die Selbstreflexion, Kultur des Wandels und Innovationen in Museen gegeben. Die Frage, wie sie politische Fragestellungen und Konflikte in ihren Programmen behandeln, stellten sich im ersten Panel Sonja Enz, Kuratorin des Stapferhauses Lenzberg, Dr. Kaja Širok, Executive Board ICOM, und Dr. Mirjam Zadoff, Direktorin des NS Dokumentationszentrums München. Wie eine mutige gesellschaftliche Positionierung von Museen gelingen kann, debattierten Dr. Hanno Loewy, Direktor des Jüdischen Museums Hohenems, Dr. Gülşah Stapel Kuratorin für Outreach/Inreach Prozesse bei der Stiftung Berliner Mauer und Denise Tonella, Direktorin des Schweizerischen Nationalmuseums Zürich.
Arbeit(en) im Museum
Am zweiten Tag lenkte das Bodensee-Symposium den Blick von der Außen- auf die Innenperspektive, vom Programm zu den Strukturen. Partizipation und Diversität im Team sind ebenso entscheidend, um gesellschaftliche Bilder zu beeinflussen und eine Kultur des Wandels zu etablieren. Politische Diskurse prägen die Arbeitsweisen in Museen und fordern Museen auf, Stichwort New Work oder agile Methoden, die internen Strukturen zu verbessern. „Sich den kontroversen und schwierigen Themen unserer Gesellschaft in der Museumsarbeit zu stellen, verlangt Entschlossenheit. Dafür brauchen wir dringend Menschen, die ihre Aufgaben mit Freude und Engagement erfüllen. Zufriedenheit in der Arbeit ist ein wichtiger Schlüssel dazu“, erläutert ICOM Deutschland Präsidentin Dr. Felicia Sternfeld. Um aussagekräftige Daten dazu zu erhalten, haben ICOM Deutschland und die Beratungsagentur destinetCHANGE eine Studie zur Zufriedenheit der Mitarbeitenden in Museen initiiert. Diese Studie ist entscheidend, um zu verstehen, wie die Arbeitsbedingungen in Museen verbessert werden können. Erste Ergebnisse der Studie wurden auf dem Bodensee-Symposium vorgestellt.
Aus der Praxis und von ihrer Erfahrung mit Changeprozessen in der Organisationsentwicklung berichteten Jasmin Alley, Direktorin des Ostfriesischen Landesmuseum Emden und Peter Fritz in seiner vormaligen Funktion als Geschäftsführer des Ausstellungszentrums Schallaburg. Wie ein antirassistisches, vernetztes und inklusives Museum heute und morgen aussehen kann, schilderten Léontine Meijer-van Mensch, Direktorin der Staatlichen Ethnografischen Sammlungen Sachsen, Dr. Margareta von Oswald, wissenschaftliche Mitarbeiterin, Centre for Advanced Studies inHerit – heritage in transformation, Humboldt-Universität Berlin und Armando Perla, Chefkurator*in des Textile Museum of Canada, Toronto.
Internationale Plattform für den musealen Zukunftsdialog
„Die aktuellen Krisen machen nicht an der Grenze halt. In allen Ländern gibt es ähnliche aktuelle Vorkommnisse in Bildungs- und Kulturinstitutionen. Selbst wenn wir in den drei Ländern teils unterschiedlich historisch geprägt sind, haben wir Gemeinsamkeiten innerhalb des deutschen Sprachraums. Das Bodensee-Symposium ist ein wunderbarer Ort für Vernetzung und Dialog“, sagt Jaqueline Strauss, Vizepräsidentin ICOM Schweiz. Viel Raum gab es dafür auch bei den Abendempfängen der Stadt Friedrichshafen im Zeppelin Museum und von ICOM Schweiz, welches das 19. Internationale Bodensee-Symposium 2027 in der Schweiz ausrichten wird.
Über das Internationale Bodensee-Symposium
Das Internationale Bodensee-Symposium bildet einen Meilenstein in der europäischen Museumslandschaft und bietet eine einzigartige Plattform für den fachlichen Austausch bewährter Methoden und die Diskussion aktueller Herausforderungen und Denkansätze in einer an Komplexität zunehmenden Welt. Es findet alle drei Jahre statt und wird abwechselnd von den Nationalkomitees des internationalen Museumsverbandes ICOM Österreich, ICOM Schweiz und ICOM Deutschland ausgerichtet. Das 18. Internationale Bodensee-Symposium 2024 wurde von ICOM Deutschland veranstaltet. Ein besonderer Dank geht an ICOM Österreich und ICOM Schweiz für die gute Zusammenarbeit bei der Planung und Organisation der Konferenz. Wir möchten zudem der Stadt Friedrichshafen, CREATE LIGHT GmbH, go~mus und Kuldig sowie unserem Medienpartner Kulturmanagement Network für ihre freundliche Unterstützung danken und der BKM für die Förderung von ICOM Deutschland.
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Pressekontakt: Claudia Berg
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