Am 2. September 2018 wurde das Nationalmuseum in Rio de Janeiro durch einen verheerenden Brand zerstört. Das Feuer hat einen erheblichen Teil der 20 Millionen Objekte der Sammlung vernichtet. ICOM hat durch Informations- und Koordinierungsmaßnahmen die Rettung der Artefakte unmittelbar unterstützt. Das weltweite ICOM-Netzwerk mit seinem Desaster Risk Management Committee (DRMC) bietet in Katastrophensituationen eine Plattform für internationale Kooperation und Erfahrungsaustausch.

Ebenso engagierten sich in Deutschland viele staatliche und nichtstaatliche Institutionen an den Bergungs-, Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen, so auch das Auswärtige Amt in Form von technischer und finanzieller Soforthilfe.

Um die Sammlung wieder aufzubauen, suchen die Kolleg*innen vor Ort nach Spenden von Sammlungsobjekten in den Bereichen der Naturwissenschaft und der Anthropologie, wie Fossilien, Mineralien, Tierpräparate und ethnografische Gegenstände. Gesucht werden nicht nur brasilianische Objekte, sondern auch solche, die typisch und repräsentativ für andere Länder sind. So kann geholfen werden dem Museum seine Mission wieder zu erfüllen.

Die Objektspenden bilden einen wichtigen Beitrag zur Wiederherstellung des Museums. Jedes Museum das helfen und Sammlungsobjekte zur Verfügung stellen kann, wendet sich bitte an: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Es mehren sich in immer kürzer werdenden Abständen die dramatischen Anzeichen, dass der politische Druck auf Museen in unterschiedlichsten Ländern der Welt zunimmt. Dies ist kein aktueller Trend, sondern eine Entwicklung, die sich seit Jahren zuspitzt, insbesondere während der beiden vergangenen Jahre und aktuell. Im Schatten der Pandemie verschärfen sich die politischen Eingriffe in die wissenschaftliche Autonomie, die jedoch oftmals kaum von der Gesellschaft wahrgenommen werden.

Mittlerweile erreicht ICOM Deutschland besorgniserregende Nachrichten aus zahlreichen Ländern: aus Ungarn, Polen, der Türkei, Brasilien, den USA und aktuell aus Belarus. In all diesen Staaten wird die politische Macht genutzt, um auf breiter Ebene systemkonforme Strukturen zu schaffen und Wissenschaftler*innen, die kritisch denken und handeln, mundtot zu machen. Dies geht einher mit gezielt gesteuerten Entlassungen von Wissenschaftseinrichtungen, in Akademien, Universitäten und Museen, die sowohl politisch wie auch finanziell unter Druck gesetzt werden. Unliebsame Wissenschaftler*innen, die sich als zu demokratisch orientiert erweisen und unter Verdacht stehen, nicht systemkonform zu sein, werden kurzerhand entlassen. Belege für angebliches Fehlverhalten werden konstruiert, um scheinbar eine Rechtsgrundlage für dieses Vorgehen nachweisen zu können.

Es ist ein breit angelegter Angriff auf die Kultur(en) insgesamt: auf das kulturelle Erbe, bestimmte Ethnien, bestehende Kulturstätten, auf Museen, ihre Sammlungen und ihre Museumsmitarbeiter*innen sowie auf die freien Künste und Wissenschaften. Autokratisch geführte Staaten dirigieren bis in die Unterrichtseinheiten hinein.

Nach Ungarn, Polen und der Türkei ist als jüngste Entwicklung nun die Entlassung zahlreicher Museumsmitarbeiter*innen im von Deutschland weniger als Tausend Kilometer entfernten Belarus zu benennen. Zu den Betroffenen gehört die Gründerin und langjährige Kuratorin des Museums des jüdischen Widerstands in Novogrudok, Tamara Veršickaja. Sie hatte sich aktiv an den Protesten gegen die massiven Wahlfälschungen beteiligt und verliert nun im April ihre Arbeit. Die Nichtverlängerung ihres Vertrags nach drei Jahrzehnten musealer Aufbauarbeit ist Teil einer systematischen staatlichen Repressionswelle gegen Kulturschaffende. Während Tamara Veršickaja vor hat in Novogrudok ihre Beschäftigung mit der Geschichte jüdischen Widerstands fortzusetzen, bleibt vielen Museumsfachleuten aus der Republik Belarus derzeit nur das Exil als Alternative zur Inhaftierung. Damit einher geht bei einem Dutzend Kolleg*innen der Verlust der Heimat und einer Perspektive im eigenen Land, aber auch die Verarbeitung traumatischer Erlebnisse sowie die existenzielle Suche nach einem Neuanfang im Ausland. Die Nachbarländer Litauen und Polen haben ebenso wie Deutschland Unterstützung zugesagt und setzen bereits einzelne Programme zur Stärkung der Zivilgesellschaft um. Die Kolleg*innen lassen sich nicht von ihrem Kurs abbringen und setzten sich weiter für die Freiheit von Wissenschaft und Kultureinrichtungen in Belarus ein. Es ist an uns, in dieser Situation Solidarität zu zeigen, bestehende Kontakte zu pflegen und Betroffene zu unterstützen, wo es möglich ist.

Hierzu gehört ein klares, uneingeschränktes Bekenntnis zur Autonomie der Künste und der Freiheit der Wissenschaften. Kunst und Kultur müssen für eine pluralistische Weltgemeinschaft offen sein und die zuständigen Institutionen einen universellen Zugang zu Wissen garantieren. Kulturelle Bildung und die Tradierung des materiellen wie auch immateriellen kulturellen Erbes sind wesentlich für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Verständigung über Landesgrenzen hinweg. Kulturelle, gesellschaftliche, wissenschaftliche und politische Netzwerke sollen auch in Zukunft über Staatengrenzen hinweg tragfähig sein und einem friedlichen Europa dienen,  dem auch Belarus angehört.

ICOM setzt hiermit ein deutliches Zeichen und bittet um breite Unterstützung für bedrohte Museen, Museumsmitarbeiter*innen sowie Künstler*innen und Wissenschaftler*innen.

Für die entlassenen Museumskolleg*innen in Belarus bitten wir um einen Solidaritätsbeitrag, der für die erste Zeit im Exil dringend benötigt wird.

Auch diesen Appell unterstützen wir nachdrücklich:

https://www.osteuropa-historiker.de/links/spendenaktion-minsk-protokolle/


Zu weiteren Information:

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/warum-historiker-aus-minsk-nach-polen-und-litauen-gehen-17154587-p2.html

https://hyperallergic.com/615519/artwashing-a-dictatorship/

https://www.amnesty.de/informieren/aktuell/ungarn-regierungstheater

https://www.derstandard.de/story/2000115342170/ungarns-forschung-unter-druck-ein-umbau-mit-folgen

https://www.dw.com/de/machtausbau-im-schatten-der-corona-krise-ungarische-kommunen-unter-druck/a-53107406

https://www.deutschlandfunkkultur.de/zukunft-der-hagia-sophia-museum-oder-moschee.2950.de.html?dram:article_id=479747

https://www.deutschlandfunkkultur.de/hagia-sophia-in-der-tuerkei-weltkulturerbe-als-erdogans.979.de.html?dram:article_id=490071

https://www.monopol-magazin.de/jochen-volz-ueber-brasilien-unter-bolsonaro

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/diese-stadtfuehrerin-ist-untragbar-in-ganz-belarus-werden-kulturleute-verfolgt-17214484.html

Das Auswärtige Amt hat im Februar den dritten deutschen Staatenbericht zur Umsetzung der UNESCO-Konvention über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen an die UNESCO in Paris überreicht. Dies ist auch für alle ICOM Mitglieder eine interessante Ressource.

Der Bericht zeigt, dass Bund, Länder, Kommunen sowie Akteure der Zivilgesellschaft von 2016 bis 2019 eine Vielzahl innovativer und wirksamer Maßnahmen zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen in und durch Deutschland ergriffen haben.

Die produktive Zusammenarbeit bei der Erarbeitung dieses Berichts ist ein Muti-Stakeholder-Projekt.

Die PDF-Versionen (Deutsch und Englisch) finden Sie ab sofort unter folgendem Link.

Die Deutsche UNESCO-Kommission und ICOM Deutschland wünschen eine anregende Lektüre!

Das letzte Jahr war anstrengend und für die Museen weltweit eine Herausforderung. Die Pandemie hat uns alle getroffen und einmal mehr gilt es, dass Frauen ihre Positionen nutzen, um die Welt positiv zu gestalten und das Miteinander zu fördern. Deshalb ist es so wichtig, sich mitunter an jenen Frauen zu orientieren, die sich aktiv für die großen und kleineren Themen im Weltgeschehen einsetzen.

In den letzten beiden Jahren war dies neben der jungen Umweltaktivistin Greta Thunberg, vor allem Kamala Harris, die als erste schwarze Frau mit indischer Mutter zur Vizepräsidentin der USA gewählte  wurde. Als ehemalige Richterin und Senatorin tritt sie für Demokratie und Gerechtigkeit ein. Es erscheint einem fast unzeitgemäß, dass selbst im 21. Jahrhundert darüber eigens über die Hautfarbe berichtet wird, über ihre indischen Wurzeln mütterlicherseits und die Tatsache erwähnt, dass sie als erste Frau Vizepräsidentin der USA geworden ist. Man sollte meinen, dass ihre politische und menschliche Haltung die einzigen ausschlaggebenden Argumente sein sollten. Da erscheint eine kleine, alte Frau aus Indien fast noch bemerkenswerter, die mit ihrem Widerstand gegen den indischen Premierminister Narendra Modi und dessen neu eingeführtes “Citizenship Amendment Act”, das Muslime diskriminiert, aufgerufen hat. Bilkis Dadi (eigentlich Bilkis Bano, dadi bedeutet Großmutter) hat es mit ihrem Protest zu einer weltweiten Anerkennung geschafft und wurde vom Time Magazin zu den 100 einflussreichsten Persönlichkeiten des Jahres 2020 gekürt. Und noch eine Stimme – unter vielen anderen – macht Mut: Im Kampf gegen die Vertreibung und Auslöschung von indigenen Völkern hebt sich die 34-jährigen Nemonte Nenquimo, der Führerin der Waorani-Nation in Ecuador hervor. Wie auch viele andere indigene Gemeinschaften weltweit, stehen die Waorani an vorderster Front und verteidigen das Land, das sie am besten kennen. Nenquimo hat sich erfolgreich gegen den Plan der ecuadorianischen Regierung erhoben, der Ölfirmen erlauben wollte, in einem von Waorani bewohnten Gebiet des Amazonas Bohrungen vorzunehmen. Während gelegte Feuer große Teile des Regenwaldes im Amazonasgebiet vernichten, hat sie es geschafft, weltweit die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, was die Klimakrise für ihr Volk bedeutet.

Mutige, weitsichtige Frauen treten tagtäglich dafür ein, das auch die pluralistische Museumswelt von zentraler Bedeutung für unser Miteinander ist: die Wahrung unserer natürlichen Ressourcen sowie die Vielfalt des kulturellen Ausdrucks und Erbes, das Schützen indigener Bevölkerungsgruppen und das bewusste Eintreten für Gleichberechtigung aller sind einige der zentralen Themen. Sie begleiten aktuell gesellschaftliche Prozesse, machen aufmerksam auf politische Übergriffe oder aktive Zerstörung von Kultur und initiieren den Dialog miteinander. Der Klimawandel, die veränderte geopolitische Lage, das Auseinanderdriften der ökonomischen Ströme sowie die aktuelle Pandemie stellen für die Museumswelt vor enorme Herausforderung. Sie ist eng verschwistert mit der Frage nach der Relevanz der Museen als Orte des kulturellen Verständnisses und Erbes, die aktuell weltweit breit diskutiert wird.

Im Zeichen des Weltfrauentags wünschen wir allen Frauen, die sich dem kulturellen Erbe der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verpflichtet fühlen und aktiv in der Museumswelt mitwirken, die notwendige Kraft, diesen Herausforderungen zu begegnen und zu positiven Entwicklungen und neuen Gestaltungsformen beizutragen. Die Tatsache, dass mittlerweile 49 % aller Stellen in Museen von Frauen besetzt sind, zeigt, wie entscheidend Frauenpower bereits die Geschicke unserer pluralen Museumslandschaft, für die Deutschland in der Welt berühmt ist, lenkt.

Herzlichst,

Ihre Beate Reifenscheid

Vor einem Jahr habe ich zusammen mit indischen Kolleg*innen eine Winterschule zu „The Public Lives of Objects“ am Srishti Institute for Art, Design and Technology in Bengaluru unterrichtet. Wichtige Themen war die koloniale Vergangenheit und Unabhängigkeit Indiens aber auch die aktuelle politische Situation und der Umgang mit dieser in Museen. Es war meine letzte Fernreise vor Ausbruch der Covid-19 Epidemie.

Die Welt hat sich seitdem sehr verändert und auch das Leben und Arbeiten der Menschen, mit denen ich vor einem Jahr im Austausch war. Viele der Weber*innen, mit denen wir zum Beispiel über die Rolle Ihres Handwerks für Museen sprachen, ihre Familien und Gemeinschaften sind heute ohne Arbeit und damit ohne Existenzgrundlage.

Aber es gab auch Gutes zu berichten. Unsere Stipendiatin Medhavi Gandhi, die bis kurz vor der Covid-19 Epidemie zu Besuch bei uns in Berlin war, konnte nach ihrer Heimkehr den gemeinsamen Social Media Guide für Kultureinrichtungen, der auf Ihrer Arbeit auch mit Museen in Deutschland basiert, fertigstellen. Diese wichtige Handreiche ist nun zum Download auf unserer Webseite verfügbar.

Wie geht es weiter? Für den April, wenn Fernreisen hoffentlich wieder möglich sein werden, erwarten wir den Besuch von Annapurna Mamidipudi, einer indischen Wissenschaftlerin und Aktivistin, um über den weiteren Dialog zur Rolle von Objekten, (lebendigen) Praktiken und deren (öffentliche) Geschichte nachzudenken. Ziel ist eine gemeinsame Veranstaltung und eine daraus resultierende Publikation.

Bis dahin wird noch Zeit vergehen aber unsere Gedanken sind bei den indischen Kolleg*innen, deren Museen und Museumsakteur*innen vor vermutlich noch größeren Herausforderungen stehen als wir aktuell in Deutschland. Dies ist eine wichtige Erinnerung, dass wir diese globale (Museum-) Krise nur gemeinsam meistern können. Wir wünschen uns dazu die nötigen Ideen, Kraft, Ausdauer und Ressourcen.

Kontakt

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