Museen als resiliente Dialogräume der Zukunft
Zukunftsweisende Krisenarbeit in Museen: ICOM Deutschland präsentierte auf der MUTEC 2024 Best Practices und förderte mit vielfältigen Events den Austausch – ein Rückblick auf zwei inspirierende Tage und einen gelungenen Abend.
Volles „Wohnzimmer“ beim Get-together
Bereits am Vorabend der MUTEC hatte ICOM Deutschland seine Mitglieder zu einem Empfang in das Grassi Museum für Völkerkunde zu Leipzig eingeladen. In ihrer Begrüßung betonte Dr. Felicia Sternfeld, Präsidentin von ICOM Deutschland, die Rolle von Museen als „geschützte Debattenräume“ und „Orte des Dialogs“. Im Bonvenon-Raum, im Haus liebevoll „Wohnzimmer“ genannt, wurde diese Idee direkt erlebbar. Mit seiner gemütlichen Atmosphäre und der Integration des historischen „Weißen Roß“, einer Leipziger Kneipe, ist der Raum für Bildung und Vermittlung ein lebendiges Symbol für kulturelle Offenheit und sozialen Zusammenhalt – und bot damit den idealen Rahmen für ein Get-together. Als „Dritter Ort“ konzipiert fördert er aktiv die Verbindung zur Stadt und bietet eine Bühne für Austausch und kreative Projekte.
Vor dem Empfang gab es die Möglichkeit, an einem Rundgang durch die aktuelle Ausstellung REINVENTING GRASSI.SKD teilzunehmen. Wir danken dem Grassi Museum für die freundliche Unterstützung!
Museen der Zukunft: Stärken aus Krisen entfalten
Als Partner der größten internationalen Messe für museale Technologien, Innovationen und Trends bestritt ICOM Deutschland 2024 zum zweiten Mal einen Themenblock im MUTEC Forum unter der Überschrift Museen der Zukunft: Stärken aus Krisen entfalten. „Wir müssen gemeinsam überlegen, wie wir aus den Erfahrungen der allgegenwärtigen Krisen lernen und unsere Institutionen für die Zukunft stärken können. Welche neuen Wege und Ansätze braucht es, um unsere Institutionen widerstandsfähig und zukunftsorientiert zu machen?“, lud Dr. Felicia Sternfeld die Teilnehmer:innen ein, sich mit der nutzbaren Seite von Krisen auseinanderzusetzen, mit Themen, die sowohl akut als auch visionär sind. Von der Unterstützung der Kolleg*innen in der Ukraine über wichtige Notfallmaßnahmen bis hin zu Projekten, die die Bedeutung und Wirkungskraft von Museen in der Gesellschaft beleuchten.
Seit Beginn des verheerenden russischen Angriffskriegs auf die Ukraine im Februar 2022 engagiert sich ICOM Deutschland in unterschiedlichen internationalen Projekten. Ukrainische Museen in ihrer Resilienz zu unterstützen und den Austausch von Wissen zu fördern, ist das Ziel der Initiative ICOM4Ukraine. Dr. Felicia Sternfeld, Präsidentin ICOM Deutschland, und Anastasia Ziegler, Geschäftsführerin ICOM Deutschland, stellten das Projekt „Gefährdete ukrainische Museen – ein dreistufiger Lösungsplan durch Wissen, Handeln und Sichtbarkeit“.
Die Auswirkungen der dramatischen Klimaerwärmung und der Kulturgüterschutz standen im Mittelpunkt des Vortrags von Elke Kellner, Geschäftsführerin ICOM Österreich. Am Beispiel des zentralen Alpenraums in Österreich zeigte sie eindrücklich, wie Überschwemmungsrisiken durch den Klimawandel zunehmen und dass Museen die Notfallmaßnahmen zum Schutz ihrer Sammlungen verbessern müssen. Sie stellte die Notfallplakette von ICOM Österreich vor, die zusammen mit Blue Shield entwickelt wurde, um Objekte für die Feuerwehr und Evakuierungsteams klar und deutlich zu kennzeichnen.
Dr. Almuth Märker, Kustodin der Papyrussammlung der Universitätsbibliothek Leipzig, führte am Leipziger Beispiel aus wie Notfallverbünde arbeiten. Ein Notfallverbund ist ein Zusammenschluss von Archiven, Bibliotheken und Museen, um Kulturgüter bei Schadensfällen wie Bränden oder Überschwemmungen zu bewahren. Zentral sind Notfallpläne, die klare Handlungsanweisungen liefern, und Notfallboxen vor Ort mit Hilfsmitteln. Die Struktur fördert den Wissensaustausch und die Unterstützung zwischen kleinen und großen Einrichtungen, auch im Hinblick auf die juristischen Implikationen, die im Katastrophenfall zu beachten sind.
„Die Mitarbeitendenzufriedenheit ist ein Schlüsselfaktor für die Zukunftsfähigkeit von Museen“, fasste Caroline Kaiser, Beraterin destinetChange, ein wesentliches Learning aus der ICOM-Studie 2024 zur Mitarbeitendenzufriedenheit zusammen. Sie richtete in ihrem Input den Blick auf die inneren Strukturen der Museen, die innere Krisen wie Fachkräftemangel, zunehmende Komplexität, mangelnde Wertschätzung, fehlende Entwicklungsmöglichkeiten oder hierarchische Strukturen. Und plädierte für eine agilere Arbeitskultur: „Die Einrichtungen müssen es schaffen, für diese individuellen Bedürfnisse Räume, Zeitfenster und Dialogräume zu schaffen.“
Dr. Gülsah Stapel, Vorstand ICOM Deutschland, und Sarah Ulrich, Wirkungsexpertin Nordmetallstiftung, unterstrichen in ihrem Beitrag, die verantwortungsvolle Rolle und Wirkung, die Museen auch und besonders in Krisenzeiten entfalten. Sie beantworteten die Frage: Was steckt hinter dem Projekt „Museum Development Goals“? Die Kooperation von ICOM Deutschland mit der Nordmetallstiftung zur Entwicklung von sogenannten Museum Development Goals (MDGs) basiert auf der ICOM-Museumsdefinition und den Nachhaltigkeitszielen der UNESCO. Das Projekt fördert den Dialog und die museumsübergreifende Zusammenarbeit darüber, wie die vielfältigen Wirkungen von Museen deutlicher gesehen und besser evaluiert werden können.
Treffpunkt Messestand
Auf Initiative von ICOM Deutschland traf sich die Museumsbranche am zweiten Messetag zum morgendlichen Networking beim Brezelfrühstück an den benachbarten Ständen von ICOM Deutschland und DMB. Vielen Dank, dass so viele vorbeigekommen sind, um sich mit Branchenkolleg*innen auszutauschen, Kontakte zu knüpfen und neue Kooperationen anzustoßen. Wir haben uns sehr gefreut – besonders auch über die vielen jungen Besucher*innen, die an den zwei Messetagen am Stand vorbeischauten, um sich zu informieren, fachlich auszutauschen, zu vernetzen und beraten zu lassen.
Premiere mit ICOM Deutschland als starkem Partner
Mit dem MUTEC-Award, der 2024 zum ersten Mal verliehen wurde, zeichnet die Messe Leipzig herausragende Sonderausstellungen im DACH-Raum aus. Gesucht wurden innovative Projekte aus den Jahren 2022-2024. Als Partner der MUTEC unterstützte ICOM Deutschland den Auswahlprozess aktiv und brachte seine Expertise durch Vorstandsmitglied Prof. Dr. Joachim Baur in die hochkarätige Jury ein. Wir gratulieren den Gewinner*innen:
- „Museum Roter Haubarg“ – eine Ausstellung der Szenografie-Agentur TAUCHER für die Stiftung Nordfriesland
- „Immanuel Kant und die offenen Fragen“ – eine Ausstellung der Bundeskunsthalle Bonn mit Sunder-Plassman & Werner-Szenografie
- „Kiel du bist gefragt" – eine Mitmach-Ausstellung zur Zukunft des Kieler Stadt- und Schifffahrtsmuseums am Standort Stadtmuseum Warleberger Hof von gwf-Ausstellungen
Die nächste MUTEC findet vom 5. bis 6. November 2026 in Leipzig statt - auch dann wieder mit ICOM Deutschland als bewährtem Partner. Merken Sie sich den Termin am besten gleich vor.