- Klaus Staubermann
ICOM Family – Mitglieder vernetzen sich weltweit
Mit „ICOM Family“ können sich ICOM-Mitglieder weltweit vernetzen.
Mit „ICOM Family“ können sich ICOM-Mitglieder weltweit vernetzen.
Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste in Magdeburg stellt Fördermittel für Forschungsprojekte zur Provenienzforschung im Bereich „NS-Raubgut“ und seit Beginn des Jahres auch für „Kultur- und Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten“ zur Verfügung. Die nächste Antragsfrist für eine langfristige Förderung in beiden Bereichen endet am 1. Januar 2020.
Read more: Anträge auf Förderung von Projekten zur Provenienzforschung
In einem gemeinsamen Projekt untersuchen ICOM Deutschland und die Geschäftsstelle Immaterielles Kulturerbe der Deutschen UNESCO-Kommission mit Unterstützung des Museums Europäischer Kulturen – Staatliche Museen zu Berlin im Nachgang des Internationalen Museumstages 2019, wie Museen mit dem immateriellen Kulturerbe (IKE) in der Praxis umgehen.
Die Neufassung der Museumsdefinition, die auf der ICOM-Generalversammlung in Kyoto zur Abstimmung steht, ist seit einigen Tagen online verfügbar. ICOM Deutschland vermisst in dieser Neufassung grundlegende definitorische Elemente, plädiert daher für eine intensive Diskussion innerhalb der Museumsfamilie zu dieser Neuformulierung und hat sich einem Antrag angeschlossen, der den Beschluss über eine Änderung der Museumsdefinition um ein Jahr verschiebt.
Beate Reifenscheid, Präsidentin von ICOM Deutschland, hat der Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters, anlässlich eines Gespräches am Freitag, dem 1. März 2019,eine Stellungnahme zur EU-Biozid-Verordnung übergeben. Darin appelliert ICOM Deutschland an die Politik, die seit 2017 gültige Verordnung zurückzunehmen, so dass in Museen die Schädlingsbekämpfung durch Stickstoff wie zuvor stattfinden kann. Das überreichte Papier ist unter Federführung von ICOM Deutschland mit der Expertise von Fachleuten aus den ICOM-Fachkomitees.
ICOM Deutschland fordert im Namen von Museumsdirektoren und Fachleuten der präventiven Konservierung die Wiederherstellung des alltagstauglichen juristischen Rahmens, der es den Museen erlaubt, ihre Sammlungen kostengünstig, bedarfsgerecht sowie gesundheits- und umweltverträglich mit Stickstoff vor Schädlingsbefall zu schützen bzw. vorhandenen Befall zu bekämpfen. „Als internationales Expertennetzwerk des Museumswesens sind wir Anwalt des weltweiten kulturellen Erbes und bringen uns in den politischen Dialog ein“, sagte Beate Reifenscheid, Präsidentin von ICOM Deutschland, bei der Übergabe der Stellungnahme. „Der Gedankenaustausch zwischen ICOM Deutschland und der Kulturpolitik besteht seit vielen Jahren, er hat sich bewährt und gezeigt, dass unser wissenschaftlicher Sachverstand und unsere Erfahrungen aus der Museumspraxis zum Schutz der Kulturgüter erforderlich sind.“ ICOM Deutschland macht sich zusammen mit den europäischen ICOM-Nationalkomitees sowie mit mehreren ICOM-Fachkomitees für ein breites Bündnis gegen die EU-Biozid-Verordnung stark. „Die seit 2017 in der Europäischen Union geltende Biozid-Verordnung, deren Konsequenzen sich zunehmend in aller Schärfe abzeichnen, muss revidiert werden“, bekräftige Beate Reifenscheid nach dem Gespräch die Position von ICOM Deutschland. „Unser Dialog mit Ministerin Grütters ist dafür ein wichtiger Schritt. Wir setzen auf ihre Unterstützung.“
ICOM Deutschland weist zudem darauf hin, dass Verordnungen wie diese kontraproduktiv in die Autonomie der Museen eingreifen, die in den vergangenen Jahrzehnten erfolgreich mit dem bewährten Stickstoff-Verfahren gearbeitet haben.
Hintergrund
Institutionen wie Museen, Archive, Bibliotheken, Kirchen und universitäre Sammlungen verwenden Stickstoff zur Herstellung sauerstofffreier Atmosphären, um Insekten in befallenen Objekten abzutöten oder einem solchen Befall vorzubeugen. Angewendet wird dieses Verfahren in mobilen Zelten oder in stationären Kammern für den Schutz von Depots (Schleusenfunktion).
Biozid-Verordnung (EU) Nr. 528/2012
Die Verwendung von Stickstoff wurde durch das Inkrafttreten der Biozid-Verordnung im Jahre 2017 derart eingeschränkt, dass nun in den Ländern der Europäischen Union die Schädlingsbekämpfung durch Stickstoff bei Kunst- und Kulturwerken verboten ist – es sei denn, man hat eine entsprechende Zertifizierung, die mit hohen Kosten verbunden ist. Die Museen verfügen nicht über die personellen und finanziellen Ressourcen, um diese Zertifizierung zu erlangen. Zudem ist diese nur für Stickstoff in Flaschen erteilt worden, die sich nicht für die Anwendung in Museen eignen.
Folgen
Mit dem Verbot der Schädlingsbekämpfung durch Stickstoff wird Kulturgut der Zerstörung ausgesetzt. Dies betrifft unersetzliche Werte und hat Kosten in Milliardenhöhe zur Folge. Wenn Objekte vor und nach Ausstellungen nicht mehr prophylaktisch behandelt werden können, wird auch der Leihverkehr stark eingeschränkt werden. Da andere Gase ebenfalls nicht ohne Zulassung verwendet werden dürfen, gibt es keine geeignete Alternative zur Schädlingsbekämpfung mittels Stickstoffs. Es bleibt den Museen nur die Schließung ihrer stationären Anlagen mit der Folge, dass Unmengen an Schädlingen in die Depots, Dauer- und Sonderausstellungen einziehen.
Appell
ICOM Deutschland appelliert an die Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters, sich für den Erhalt des unschätzbaren Kulturerbes in Deutschland und Europa einzusetzen. ICOM Deutschland appelliert an alle politisch Verantwortlichen auf nationaler und auf EU-Ebene, die Biozid-Verordnung für Institutionen des Kunst- und Kulturerbes zurückzunehmen, so dass sie in bewährter Form ihre Bestände mit dem Stickstoff-Verfahren vor Schädlingsbefall schützen können.
Stellungnahme zur EU Biozid-Verordnung an Monika Grütters übergeben (PDF)
Presseinformation 1-2019 zur Stellungnahme zur Biozid-Verordnung (PDF)
Kontakt:
Professor Dr. Beate Reifenscheid, Präsidentin ICOM Deutschland
Professor Dr. Friederike Waentig, Vizepräsidentin ICOM Deutschland, Expertin für präventive Konservierung